God Speed your Tongue

von Helen Chang Morris

Zenita Komads Arbeit ist rätselhaft und unartig frech und Prickelnd. Als wir uns zum ersten mal trafen, sagte sie, dass sie nur von Reis lebte; weißen Kügelchen, den Perlen nicht unähnlich die sie verwendet, um die tentakelartigen Wurzeln zu füllen, die ihre Leinwände durchbrechen. Angesichts ihres schmächtigen Körperbaus und ihrer Haut, die so blass ist wie die eines Viktorianischen Schwindsüchtigen, war dies nicht schwer zu glauben. Dann erschien sie eines Tages mit einem kleinen Berg von exquisiten Feigenkeksen. Ich zögerte bevor ich eines nahm, entschied dann, dass sie tatsächlich aus einem Geschäft stammten und nicht ihrer eigenen Küche, da diese vielmehr mit Farbe und Bürsten gefüllt sein würden, als mit Nahrung.

So aufreizend wie ihre Bilder sind, ist es die extreme Polarisation ihrer Phantasie, die Verschmelzung von Festmahl und Hungersnot, die als Adstringens in ihrer Arbeit dient, welche ansonsten als zu befangen ausfallen könnte. In einem ihrer apartesten dreidimensionalen Skulpturbildern, God Speed your Tongue, steht unterhalb eines gefräßigen, aus einer weißen Leinwand ragenden Organs, einer Zunge, in sprudelnd zuckersüßer Schreibschrift gekritzelt, „god speed you' R“. Sofort denkt man an die Bände unerbaulicher Sprache, die täglich über unsere Lippen gehen, – würde Gott das billigen? Im selben Moment, kommt man angesichts der überwältigenden Körperlichkeit und Präsenz der Zunge nicht umhin, darüber nachzudenken, was Zungen sonst alles tun können. In einem anderen Skulpturbild Use Your Brain, schwebt Maria Callas ' pantomimenartig weißes Gesicht auf schwarzem Hintergrund, während ihre tadellosen Gesichtszüge in einem bescheidenen Lächeln aufgehen. Ihr Blick wendet sich nach oben: Sie wird von einem komischen blutroten Pfeil gefällt, welcher in die Leinwand eintaucht, dort wo ihr Stirnlappen beginnt und einen kryptischen Schatten über ihr ganzes Gesicht wirft. Schwarze Tropfen und rote Spritzer tauchen unter ihrer Augenbraue und auf ihrem Backenknochen auf. Auf den Pfeil, der als bildhauerisches Artefakt die Wand berührt, als sei er in Position gebracht und bereit damit zu beginnen sich durch den wirklichen Raum zu bewegen, um den nächsten Gegenstand seines gewalttätigen Fokus ausfindig zu machen, stößt man später.

Komads Arbeit erstreckt sich von der Malerei über Film, Opern und Installationen zuletzt zu plastischen Bildern, und zwar nicht als Aufruhr von Stilen und Künstlern: Robert Rauschenberg, Ilya Kabakov, Louise Bourgeois und Jeff Koons – der Letztere dafür, wie er Zuschauern auf eine ironische, dennoch zutiefst aufrichtige Weise gegenübertritt. Ihre Arbeit wird auch von Wiener Aktionisten beeinflusst. Es gibt Spuren ihrer Theatralizität, ihres kathartischen Traumas, aber kaum die des Schmerzes oder der Bitterkeit.

Stattdessen bevorzugt sie eine leichtere Berührung – einen (Paulo) Coelhoian Ansatz, Fragen zu Bewusstsein, Begierde und Spiritualität auf so eine Weise zu stellen, die persönlich und universell aufschlussreich ist. „Ich kam dazu, an eine Kraft zu glauben, die viel höher ist als ich,“ . „Mir traeumte, ich bin der liebe Gott.“ Diese verwegenen Erklärungen schließen oft einen Überhang zum Zaudern ein. Als ob sie auf dieser Suche nach absoluter Wahrheit ihre Funde auf der Leinwand testet und während sie sie dem Licht aussetzt merkt, dass diese Wahrheiten nicht gültig sein können, sodass sie sie nicht mehr laut äußern kann. Also setzt sie fort, indem sie durchstreicht oder über die noch immer ersichtlichen Originale zusammengesetzte Worte in einer Technik schreibt, die eindeutig durcheinander gewürfelt sind. „Wissen ist eine höchst komplizierte Sache, liebe auch.“ Oder, anders gelesen. In einem Bild „Gott ist das nichts“ übermalt sie mit „Gott ist nicht nichts“ . Ihre Texte sind auch in einer Weise geschrieben, dass man sich eine feinere Beziehung in ihrer Bedeutsamkeit vorstellen kann: „Hört auf mit dem Wortkrieg“ könnte leicht falsch gelesen werden als „Hört auf mit dem Weltkrieg“. Dass sie nicht aufhören kann, solche kühnen Aussagen zu machen ist sowohl erfrischend naiv als auch unheimlich frostig, aber Komads Welt ist eine Welt, die von dreisten, gesättigten Farben und Energie, phantastischen Sehnsüchten und der Suche nach der Bedeutung erleuchtet ist. Sie ist dort, wo Elefantenrümpfe und Stoßzähne aus Gesichtern statt Nasen heraus sprießen, wo Seelen zu Wurzeln verkörperlicht werden, die sich auf die Außenseite von Leinwänden erstrecken, unzüchtig umschlungen doch dem Schein nach mit dem Wunsch zur Flucht ausgestattet, ein emotionales Terrain nahe legend, das finster ist, doch gleichsam zutiefst Freudianisch, streng und strukturiert.

Wie sie dich in dieses Terrain zieht, hängt mit dem Raum zusammen der ihre Arbeit umgibt. Dadurch fordert sie die Grenzen von Leinwand und Malerei an sich heraus. Bei einer Ausstellung in der Krinzinger Galerie in Wien durchsetzte sie ihre Bilder überall in den Zimmern mit pulverisierten Pigmenten, indem sie den Boden damit markierte und indem sie Texte auf die Wände malte“eure söhne und töchter werden propheten sein ,eure jungen werden visionen haben und eure alten werden träumen. wir werden wunder erscheinen lassen droben am himmel und unten auf der erde!“, um die Arbeiten miteinander zu vermengen. Zur Überraschung der Galerieassistenten am Morgen nach der Eröffnung, entführte sie all die Arbeiten außer einer, die sich so liest, „Sie müssen es nicht sehen, wenn Sie wissen, es ist da.“ Ein Lieferwagen, der auf der Rückseite wartete, zauberte die Künstlerin und ihre Arbeiten weg und ließ nur Pulver auf dem Boden, sowie Wörter an den Mauern zurück und den Gästen, die bei der Rekonstruktion der Serie der Arbeiten die dort einmal standen auf sich allein gestellt waren, die Erzählung, die sie in den drei Räumen erstellt hatte. Im letzten Fall baute Komad pyramidenförmige Kartenhäuser mit Hilfe ihrer 62x44-Zoll Leinwände auf, indem sie Bilder und Abbildungen, Wörter und Skulpturen nebeneinander stellend- alle Permutationen einer Idee in den verwandten Formen. Auf dieselbe Weise wie ein Kind Karten verwendet, um ein Schloss zu bauen, und dies auf dem innewohnenden Risiko des Zusammenbruchs gedeihend, verwendete Komad diese Strukturen vielleicht als einen Weg, sich selbst und die Kunst im allgemeinen als weniger ernsthaft zu nehmen.

Noch vor kurzem hat Komads Arbeit begonnen, sich von den Themen persönlicher Obsessionen und Geschichten in Richtung sozialer Schilderungen zu drehen, obwohl der Inhalt, die psycho /spirituellen Fragen, dieselben bleiben. Für eine ihrer ersten Variationen auf den Wurzelskulpturen, im letzten Fall in Moskau gezeigt (hier nicht bildlich dargestellt), war die Skulptur schwarz und so groß, sagte sie, dass sie allein ohne eine Wand stehen konnte. Indem man die Haut der Geschichte durchkriecht werden mit Komads Wiederherstellung der Beziehungen zwischen Begierde und Bedeutung endlos neue Möglichkeiten eröffnet, sich unsere Welt vorzustellen.